Bildaufbau für Anfänger: Die wichtigsten Bildgestaltungsmittel für bessere Fotos

Kamera in der Hand

Hast du dich schon einmal gefragt, warum ein Foto harmonischer oder auffälliger wirkt als ein anderes? Das liegt am Bildaufbau und den verwendeten Bildgestaltungsmitteln. Ich erinnere mich noch an die ersten Monate mit meiner Spiegelreflexkamera. Ich war so stolz auf meine Motive, aber irgendwie sahen die Bilder nicht so aus, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Erst als ich mich mit den Grundlagen des Bildaufbaus beschäftigt habe, habe ich verstanden, warum sie nicht so toll waren und was ich ändern konnte. In diesem Blogartikel stelle ich dir einige Bildgestaltungsmittel vor und erkläre dir, was sie bewirken und wie du damit deinen Bildaufbau verbessern kannst.

Was sind Bildgestaltungsmittel?

Bildgestaltungsmittel sind alle Elemente, die du bewusst einsetzen kannst, um die Art und Weise zu beeinflussen, wie dein Foto wirkt. Sie ähneln den formalen und gestalterischen Mitteln in der Malerei. Sie helfen dir dabei, den Blick des Betrachters zu lenken, die Stimmung des Bildes zu erzeugen und die Aussage deines Fotos zu unterstreichen.

Was ist der Bildaufbau?

Unter Bildaufbau oder auch Bildkomposition versteht man in der Fotografie die Gestaltung eines Fotos. Ziel ist es, die Aufmerksamkeit des Betrachters zu wecken und ihn dazu zu bringen, das Foto länger zu betrachten. Um dies zu erreichen, werden Bildgestaltungsmittel eingesetzt.

Bildgestaltungsmittel in der Fotografie

1. Linien

  • Führende Linien: Wie der Name schon sagt, „führen“ diese Linien den Blick des Betrachters durch das Bild. Sie können aber auch Bewegung und Spannung erzeugen. Dies können zum Beispiel Straßen, Zäune, Treppengeländer, Baumreihen, Schienen, Flüsse oder Gebäudekanten sein.
  • Vertikale Linien: Senkrechte Linien vermitteln ein Gefühl von Stabilität, Höhe und Stärke. Sie werden häufig in der Architekturfotografie verwendet, um die Höhe von Gebäuden oder Strukturen zu betonen.
  • Horizontale Linien: Waagrechte Linien vermitteln ein Gefühl von Weite, Ruhe, Ausgeglichenheit, Frieden und Harmonie. Sie sind ideal für Landschaftsaufnahmen, den Horizont oder ruhige Gewässer.
  • Diagonale Linien: Diagonale Linien bringen Dynamik, Bewegung und Spannung ins Bild. Sie vermitteln eine starke Energie und eine lebendige Atmosphäre. Sie geben dem Bild Tiefe. Sie eignen sich hervorragend für Sport- und Actionfotos oder um den Blick auf ein bestimmtes Motiv zu lenken.
  • Geschwungene Linien: Geschwungene Linien wirken weich und geschmeidig. Sie vermitteln oft eine sanfte, fließende Ästhetik. Sie können verwendet werden, um die Weichheit von Landschaften, Körpern oder anderen organischen Formen zu betonen.
Parlament
Das Parlament in Wien: Der Weg führt den Blick zum Parlament. Die senkrechten Säulen des Parlaments vermitteln Stärke, Stabilität und Macht.

2. Formen

Formen beeinflussen, wie der Betrachter ein Bild wahrnimmt. Sie können die Aussage und Wirkung deines Fotos stark beeinflussen. Formen können den Blick des Betrachters auf bestimmte Bildbereiche lenken und unterschiedliche Emotionen hervorrufen.

  • Geometrische Formen: Geometrische Formen wie Kreise, Quadrate und Dreiecke wirken oft strukturiert, geordnet und klar. Sie können verwendet werden, um ein Gefühl von Ordnung, Stabilität oder Ruhe zu erzeugen.
  • Organische Formen: Organische Formen sind freie Formen, wie sie in der Natur vorkommen, zum Beispiel Blumen und Schneckenhäuser. Sie können verwendet werden, um ein Gefühl von Bewegung oder Harmonie zu erzeugen.
  • Abstrakte Formen: Abstrakte Formen sind Formen, die keine reale Entsprechung haben. Sie ermöglichen einen interessanten und kreativen Bildaufbau. Beispiele sind Licht und Schatten, Spiegelungen und Wassertropfen.

3. Symmetrie

Symmetrie beschreibt die Anordnung von Bildelementen, bei der eine spiegelbildliche oder achsenspiegelbildliche Gleichheit vorliegt. Du findest sie in der Natur und aber auch in von Menschen erschaffenen Objekten. Die Symmetrie vermittelt Harmonie und Ordnung. Bilder wirken ausgeglichen, ruhig und entspannend. Symmetrie wird als ästhetisch empfunden. Sie wird vor allem bei Architektur-, Landschafts- und Porträtaufnahmen verwendet.

  • Spiegelsymmetrie: Das Motiv ist spiegelbildlich zu einer Achse angeordnet, wie bei einer Spiegelung im Wasser.
  • Achsensymmetrie: Die Bildelemente sind symmetrisch zu einer gedachten Mittelachse angeordnet.
  • Radialsymmetrie: Die Bildelemente sind um einen Mittelpunkt angeordnet, wie bei einer Blume.
Seestadt
Die Seestadt in Wien: Die Wohnhäuser und Bäume spiegeln sich im See.

4. Perspektive

Die Perspektive bezieht sich auf die Art und Weise, wie Objekte und Szenen in einem Bild dargestellt werden, insbesondere hinsichtlich ihrer räumlichen Tiefe und ihrer relativen Größe zueinander. Sie wird durch den Standpunkt des Fotografen, die Brennweite des Objektivs und die Anordnung der Bildelemente bestimmt. Sie beeinflusst, wie wir ein Bild wahrnehmen.

  • Vogelperspektive: Bei der Vogelperspektive fotografierst du dein Motiv von oben. Dies kann das Motiv kleiner und unbedeutender erscheinen lassen und gleichzeitig einen Überblick über die Szene geben. Die Vogelperspektive wird für Aufnahmen aus großer Höhe verwendet, zum Beispiel von Türmen oder Bergen.
  • Froschperspektive: Bei der Froschperspektive fotografierst du, wie der Name schon sagt, aus der Sicht eines Frosches, also vom Boden aus. Dadurch wirkt dein Motiv größer und imposanter.
  • Normalperspektive: Bei der Normalperspektive fotografierst du dein Motiv auf Augenhöhe. Dadurch entsteht ein neutrales und natürliches Bild. Diese Perspektive eignet sich für Fotos von Menschen und Tieren.
  • Extreme Perspektiven: Bei der Extremperspektive fotografierst du aus einem sehr ungewöhnlichen Blickwinkel, zum Beispiel von oben liegend oder aus einem engen Winkel. Dadurch können interessante und surreale Effekte entstehen.
Taubenhaus im Schlosspark Schönbrunn
Das Taubenhaus im Schlosspark Schönbrunn: Dieses Foto habe ich aus der Froschperspektive aufgenommen. Ich habe die Kamera ganz nah am Boden gehalten.

5. Tiefenwirkung

Die Tiefenwirkung beschreibt die Fähigkeit eines Fotos, räumliche Tiefe und Dimension zu vermitteln.

  • Schärfentiefe: Die Schärfentiefe ist der Bereich des Bildes, der scharf abgebildet wird. Je geringer die Schärfentiefe, desto stärker wird die Tiefenwirkung betont, da unscharfe Bereiche im Hintergrund weiter entfernt erscheinen.
  • Vordergrund: Der Vordergrund verleiht einem Foto zusätzliche räumliche Tiefe und Dynamik. Er ist ein Startpunkt für den Betrachter und lädt ihn ein, ins Bild einzutauchen. Durch das bewusste Platzieren eines Vordergrundes schaffst du auch ein Gefühl für Entfernungen, Abstände und Größen. Platziere interessante und ansprechende Elemente im Vordergrund.
  • Hintergrund: Der Hintergrund soll dein Motiv unterstützen und nicht davon ablenken. Er gibt dem Bild Tiefe. Vermeide störende Elemente im Hintergrund, die vom Motiv ablenken, wie zum Beispiel Müll. Mehr über den Hintergrund in der Katzenfotografie erfährst du in So kreierst du den perfekten Hintergrund für deine Katzenfotos.
Windmühlen von Kinderdijk
Windmühle in Kinderdijk: Das Ufer mit Gräsern und Seerosenblättern bietet den Startpunkt für den Betrachter.

6. Rahmen

Der Rahmen kann den Blick des Betrachters auf dein Motiv lenken, Tiefe erzeugen und die Stimmung des Bildes beeinflussen.

  • Natürliche Rahmen: Elemente aus der Natur, wie zum Beispiel Bäume, Äste oder Felsen, können als Rahmen für ein Motiv dienen.
  • Künstliche Rahmen: Türen, Fenster, Tore oder andere von Menschenhand geschaffene Objekte können als Rahmen verwendet werden.
Katze eingerahmt von Blättern
Hier wird das Gesicht der Katze mit Blättern eingerahmt.

7. Kontrast

Der Kontrast beschreibt die Unterschiede in der Helligkeit zwischen verschiedenen Bereichen eines Bildes. Ein hoher Kontrast bedeutet große Unterschiede zwischen den hellsten und den dunkelsten Bereichen, während ein niedriger Kontrast bedeutet, dass diese Unterschiede weniger ausgeprägt sind.

  • Helligkeitskontrast: Der Helligkeitskontrast ist der Unterschied in der Helligkeit zwischen verschiedenen Bildbereichen.
  • Farbkontrast: Der Farbkontrast ist der Unterschied in der Farbe zwischen verschiedenen Bereichen des Bildes, zum Beispiel Komplementärfarben oder Farben mit unterschiedlicher Helligkeit.
  • Strukturkontrast: Der Strukturkontrast ist der Unterschied in der Textur zwischen verschiedenen Oberflächen im Bild, zum Beispiel glatte und raue Oberflächen im Bild.
  • Licht und Schatten: Licht und Schatten spielen eine wichtige Rolle bei der Erzeugung von Kontrasten in der Fotografie. Durch den gekonnten Einsatz von Licht und Schatten kannst du deine Fotos noch ausdrucksstärker und interessanter gestalten.

8. Bewegungsunschärfe und Dynamik

Bewegungsunschärfe tritt auf, wenn sich entweder das Hauptmotiv oder die Kamera während der Belichtung bewegt. Dies führt dazu, dass bewegte Objekte im Bild verschwommen oder unscharf erscheinen, während unbewegte Objekte scharf bleiben. Die Belichtungszeit bestimmt, ob dein Foto statisch oder dynamisch wirkt. Lange Belichtungszeiten verwischen die Bewegung und erzeugen so Dynamik.

Bewegungsunschärfe
Bewegungsunschärfe tritt ein, wenn die Kamera während der Aufnahme bewegt wird.

9. Bildformat

  • Querformat: Das Querformat wirkt modern und dynamisch und vermittelt großzügige Weite und Räumlichkeit. Es betont horizontale Linien und Strukturen und eignet sich daher gut für Landschaftsaufnahmen, Actionfotos und horizontale Motive.
  • Hochformat: Das Hochformat wirkt klassisch, elegant und porträthaft. Es betont vertikale Linien und Strukturen. Daher eignet es sich gut für Porträts und Aufnahmen von hohen Objekten wie Bäumen oder Gebäuden.
Schloss Belvedere
Das Schloss Belvedere in Wien: Das Querformat unterstützt die Weite des Schlossparks.
Waldweg
Das Hochformat unterstützt die Höhe der Bäume.

10. Bildgestaltungsregeln

  • Drittelregel: Bei der Drittelregel wird das Bild durch zwei waagerechte und zwei senkrechte Linien in neun gleich große Teile geteilt. Platziere die wichtigsten Elemente an den vier Schnittpunkten der Linien oder entlang der Achsen. Dadurch entsteht ein Gefühl von Harmonie und Ausgewogenheit und das Bild wirkt spannender. Die meisten Kameras haben die Option „Gitterlinien“. Schalte sie ein und du siehst den Raster auf dem Display. Das geht auch bei Smartphones.
  • Goldener Schnitt: Beim Goldenen Schnitt wird das Bild ebenfalls in 9 Teile geteilt, aber in einem anderen Verhältnis. Platziere auch hier wichtige Elemente an den Schnittpunkten oder entlang der Linien. Mit dem Goldenen Schnitt schaffst du Harmonie und Ruhe in deinem Bild. Der Goldene Schnitt entspricht dem Gestaltungsprinzip der Natur, deshalb empfinden wir Menschen Bilder, die nach dem Goldenen Schnitt angeordnet sind, als angenehm, harmonisch und ansprechend. Auf der Kamera können nur die Gitterlinien der Drittelregel eingestellt werden. Du kannst dein Foto in deinem Bildbearbeitungsprogramm nach dem Goldenen Schnitt zuschneiden. Bei Affinity Photo heißt der Goldene Schnitt Phi-Raster.
  • Fibonacci-Spirale: Die Fibonacci-Spirale, auch Goldene Spirale genannt, ist eine spiralförmige Anordnung von Elementen, die auf der Fibonacci-Folge basiert. Diese Folge beschreibt eine mathematische Zahlenfolge, bei der jede Zahl die Summe der beiden vorhergehenden Zahlen ist. In der Natur findet man die Fibonacci-Spirale häufig in Form von Schneckenhäusern, Sonnenblumen und Blütenblättern. Diese Anordnung wird oft als besonders harmonisch und ästhetisch empfunden. Du kannst deine Fotos in deinem Bildbearbeitungsprogramm mit Hilfe der Fibonacci-Spirale zuschneiden. Platziere dein Motiv entlang der Spirale.
  • Rule of Odds: Die Rule of Odds (Regel der ungeraden Anzahl) besagt, dass eine ungerade Anzahl von Elementen im Bild verwendet werden sollte, um sie dynamischer und spannender wirken zu lassen. In der Natur und für das menschliche Auge sind ungerade Zahlenformen tendenziell interessanter und auffälliger als gerade Zahlenformen. Das liegt daran, dass unser Gehirn auf Muster und Symmetrien ausgerichtet ist und überrascht wird, wenn von diesem Muster abgewichen wird.
  • Negativer Raum: Der negative Raum, auch Leerraum genannt, ist der freie Bereich eines Fotos, der nicht vom Motiv eingenommen wird. Das Motiv tritt dadurch stärker in den Vordergrund und zieht die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich.
Taubenschwänzchen
Im Mittelpunkt des Bildes steht das Taubenschwänzchen und die Pflanze. Rundherum ist negativer Raum.

Hast du jetzt auch Lust bekommen, deine Fotos mit Bildgestaltungsmitteln zu verbessern und deinen Bildaufbau zu perfektionieren? Dann schnapp dir deine Kamera und probiere es einfach aus! Experimentiere mit verschiedenen Perspektiven, Linienführungen und Lichtverhältnissen. Du wirst schnell merken, wie sich der Bildaufbau auf die Wirkung deiner Fotos auswirkt. Mit ein bisschen Übung und Kreativität gelingen dir so garantiert Fotos, die deine Freunde und Familie begeistern werden.

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